Das einfache Leben

Die Pandemie bringt uns alle an die Grenzen. Das einfache Leben ist nicht einfach. Die Einschränkungen im Alltag, die Ungewissheit wie es weitergeht, und all das über viele Monate hinweg, zerrt an unseren Kräften, greift unsere Substanz an.  Psychisch, und viele auch materiell. Die fehlenden physischen Kontakte, das Fehlen der Kultur, der Konzerte und Theater und all der anderen lebensnotwendigen Austauschmöglichkeiten mit anderen Menschen zollen ihren Preis. Was macht das allgemeine Misstrauen, das einem bei der Begegnung auf der Strasse entgegenschlägt,  mit uns? Warum zucken wir bereits zusammen, wenn sich in einem Film aus Vor-Covid-Zeiten die Menschen viel zu nahe kommen, oder auch nur die Hände schütteln?

Und täglich prasseln auf allen Kanälen die News über die neusten Entwicklungen auf uns ein. Während die einen verzweifelt mit Click-Bait-Überschriften Angst und Schrecken verbreiten, um ihre Nutzerzahlen in die Höhe zu treiben, nutzen andere die Gunst der Stunde, um ihr vereinfachtes Weltbild an ein Massenpublikum zu bringen. Es müssen ja nicht gleich Verschwörungstheorien sein, aber in einer Zeit, wo niemand – wirklich niemand – den Überblick hat und die Erkenntnisse von heute diejenigen von gestern zur Makulatur werden lassen, fallen einfache Theorien und teilweise heftige Schuldzuweisungen für die aktuelle Situation auf einen nahrhaften Boden.

Kreativität auf allen Ebenen ist erforderlich.

Das einfache Leben hat auch seine guten Seiten. Man muss sie erkennen und nutzen. Kreativität auf allen Ebenen ist erforderlich. Man wird auf sich selbst zurückgeworfen. Und trotzdem sind wir hier im westlich-europäisch geprägten Raum vergleichsweise gut aufgestellt. Es geht uns nicht wirklich schlecht, wir können alle frei unsere Meinung auf allen Kanälen äussern. Wir haben Spielräume auch ökonomische, politische und kulturelle, die nicht überall auf der Welt gegeben sind. Mitunter bieten uns Blogs wie dieser hier die Möglichkeit, unsere Gedanken und Ideen, Schöpfungen usw. frei der ganzen Welt kundzutun. Das ist nicht überall so möglich und wäre noch vor dreissig Jahren auch rein technisch so nicht möglich gewesen. Wir leben – trotz allem – in einer Zeit mit noch nie da gewesenen Möglichkeiten. Das müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen.

Fokus neu setzen

Klar, auch meine Tagesroutine hat sich verändert, mit Vor- und mit Nachteilen. So nutze ich die frei gewordene Pendlerzeit zum Beispiel, um vermehrt kreativ tätig zu sein. Zum Beispiel mit dem Erlernen und Ausprobieren von Neuem, wie zum Beispiel in der Musik, oder wie hier in der Stilleben-Fotografie. Zwei Früchte, ein Brett ein Hintergrund und das richtige Licht genügen. Das erfordert von mir, den Fokus neu zu setzen. Es erlaubt mir aber auch, mich auf etwas im Hier und Jetzt zu konzentrieren und lässt mich die aktuelle Situation draussen zumindest für einen gewissen Moment vergessen. Ich glaube, dass wir in diesen Zeiten alle etwas in diese Art brauchen. Was es genau ist, muss jede und jeder für sich  selber entscheiden. Entweder proaktiv und eigeninitiativ oder passiv und mit dem entsprechenden Leidensdruck. Das einfache Leben – aber in einer zunehmend komplexen Welt.

Dass die abgebildeten Früchte hierzulande noch vor wenigen Jahrzehnten einen Luxus darstellten, ist übrigens eine andere Geschichte.

Schreib hier deinen Kommentar